Bei schweren Verletzungen ist die Zeit in der Regel der tödlichste Gegner. Insbesondere unter den Bedingungen militärischer Konflikte ist es aber häufig unmöglich, Verwundete rechtzeitig dahin zu bringen, wo medizinisches Gerät sowie Ärztinnen und Ärzte für eine optimale Behandlung zur Verfügung stehen. Wenn es nach dem bayerischen Unternehmen Avilus geht, wird die fliegende Krankentrage „Grille“ hier künftig wertvolle Dienste leisten. Und das, ohne dass sich Retterinnen und Retter in Gefahr begeben müssen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde in einer wissenschaftlichen Untersuchung die Sterblichkeit nach schweren Schussverletzungen untersucht. Mit eindeutigem Ergebnis: Je schneller die Verletzten in einem voll ausgestatteten Krankenhaus mit ausreichend medizinischem Personal versorgt und operiert werden können, desto besser. So steigt die Überlebensrate signifikant an, wenn die Verwundeten direkt ins Krankenhaus gebracht werden, statt vor Ort auf das Eintreffen eines Rettungswagens zu warten. Allerdings besteht unter den Bedingungen laufender Kampfhandlungen eben häufig nicht die Möglichkeit zum improvisierten Abtransport („Load and Go“) – im Fachjargon spricht man hier von CasEvac (Casualty Evacuation). Aber auch die stabilisierende Erstversorgung (Stay and Play) ist in Gefechtssituationen nur selten eine Option. Zudem fehlen nicht selten die Kapazitäten für eine solche gezielte Rettungsmission (Medical Evacuation) mit speziell dafür ausgerüsteten Boden- oder Luftfahrzeugen.
DronEvac
Diese Fähigkeitslücke zu schließen, das ist das Ziel des Unternehmens Avilus. Mit einem Komplettsystem (DronEvac) bestehend aus dem Multikopter „Grille“ zum Verwundetentransport, einem mobilen Kontrollzentrum sowie einer Anhängerplattform für Flugdurchführung, Service und Logistik knüpft man an das unter Fachleuten verstärkt diskutierte RasEvac-Konzept (robotic, autonomous systems for evacuation operations) an. Geht ein entsprechender Notruf ein, ist das Flugsystem in kürzester Zeit startbereit und macht sich automatisiert auf den Weg zum Einsatzort. Das vom renommierten Experten Prof. Dr. med. Peter Biberthaler, Leiter der Unfallchirurgie am Münchener Klinikum Rechts der Isar, entwickelte medizinische Konzept sieht vor, dass in der Transportbox unterhalb der Drohne eine Krankentrage mitgeführt wird, auf der die verletzte Person für den Flug festzuschnallen ist. Am Ort der Abholung sollen dann von Kameradinnen und Kameraden auch nur die zwingend erforderlichen Maßnahmen zur Lebenserhaltung vorgenommen werden, um beispielsweise ein Verbluten zu verhindern.
Ist die „Grille“ mit Patientin oder Patienten an Bord auf dem Weg zur möglicherweise rettenden Notfallbehandlung, sollen die Ärzte über telemetrische Überwachungsgeräte wichtige Live-Informationen zu Vitalwerten wie Puls und Atemfrequenz erhalten, über einen Lautsprecher wird die Kontaktaufnahme mit den Verwundeten ermöglicht, um beruhigend einwirken oder auch zusätzliche Informationen erhalten zu können. Ein Monitor an der Decke zeigt den Weg sowie die verbleibende Flugzeit bis zur Landung an, sodass die verletzte Person direkt nachvollziehen kann, wie lange es noch bis zur konkreten Hilfe dauern wird.
> Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Drones, dem Magazin für die Drone-Economy. www.drones-magazin.de