Auf der XPONENTIAL in den USA hatten wir die Gelegenheit, mit Alexander Fraess-Ehrfeld, dem Geschäftsführer von AIR6 SYSTEMS und AIRBORNE ROBOTICS, über die Entwicklung seines Unternehmens, aktuelle Branchentrends und seine Einschätzungen zur internationalen Messe- und Marktlage zu sprechen.
AIR6 SYSTEMS und AIRBORNE ROBOTICS sind spezialisierte Anbieter industrieller Drohnentechnologie mit Standorten in Österreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland. Unter der Leitung von Geschäftsführer Alexander Fraess-Ehrfeld wurde das Unternehmen 2017 gegründet, nachdem sich das technische Kernteam bereits 2014 zusammengefunden hatte. Die Firma hat ihren Ursprung in der Agrartechnik, konzentriert sich heute aber auf ein breites Spektrum industrieller Anwendungen: von Energie (Wind, Solar, Strom, Öl und Gas) über Vermessung und Logistik bis hin zu behördlichen Einsätzen für Polizei, Feuerwehr und Militär. Der Fokus liegt dabei stets auf nachhaltigen, zukunftsweisenden Lösungen.
Was unterscheidet Ihr Unternehmen von anderen Drohnenherstellern?
Zunächst einmal differenzieren wir uns durch die Wahl unseres Drohnentyps: Wir konzentrieren uns auf Rotordrohnen – besonders geeignet für den Nahbereich und für hohe Traglasten. Unsere Systeme tragen bis zu 10 Kilogramm Nutzlast im Serienbetrieb. Dabei achten wir auf maximale Performance und Flugzeit.
Darüber hinaus setzen wir konsequent auf Redundanz und Sicherheit: Unsere Systeme verfügen über doppelte Komponenten – von Rotoren bis zu Flight-Controllern. Diese Redundanz ermöglicht uns auch den Einsatz in urbanen Räumen, was uns frühzeitig Sondergenehmigungen – z. B. in Österreich – ermöglicht hat.
Ein weiterer Fokus liegt auf Beyond Visual Line of Sight (BVLOS). Wir haben frühzeitig in die Kommunikationstechnologie investiert – z. B. 4G, 5G oder Satellitenverbindungen. Ein Beispiel für unsere Innovationskraft: Wir haben ein Drohnenmodell entwickelt, das auf einem Rohr landen kann – ob oben, seitlich oder unten. Ein magnetischer “Crawler” wird dann ausgesetzt, welcher dem Rohr entlang fährt und die Rohr-Wanddicke in 0,1 Millimeter Genauigkeit misst. Das ist weltweit einzigartig.
Was hat Sie zur Teilnahme an der XPONENTIAL USA motiviert und wie unterscheidet sich diese Messe von anderen Formaten?
Die XPONENTIAL ist die führende Messe für autonome Systeme in den USA und wird ab 2025 auch in Europa stark relevant. Uns stellte sich weniger die Frage, ob wir teilnehmen, sondern wie. Der German Pavilion war für uns eine optimale Lösung, um Sichtbarkeit zu schaffen.
Viele Besucher suchen gezielt nach Drohnenherstellern, auch wenn 90 % der Aussteller Komponenten oder Dienstleistungen zeigen. „Made in Germany“ ist dabei ein Qualitätsmerkmal, das gerade bei amerikanischem Publikum positiv wahrgenommen wird.
Im Vergleich zur kleineren Commercial UAV Show in Las Vegas ist die XPONENTIAL deutlich größer. Ursprünglich erwarteten wir dort eher kleinere Unternehmen oder Endanwender, tatsächlich ist das Publikum jedoch sehr ausgewogen. Ein weiterer Vorteil: Auch deutsche Messebesucher finden durch den German Pavilion leicht zu uns.
Ein weiterer positiver Aspekt ist das Rahmenprogramm: Die Networking-Events und Abendveranstaltungen bieten einen wertvollen Mehrwert. Viele informelle Gespräche mit Partnern und alten Bekannten finden dort statt. Das unterstreicht die Relevanz von Live-Messen insgesamt.
Wird "Made in Germany" auf der Messe als Vorteil wahrgenommen?
Ja, durchaus. Auch wenn wir das nicht vorrangig bedacht hatten, merken wir, dass gerade internationale Besucher gezielt nach deutschen Anbietern Ausschau halten. In UK erleben wir ähnliches: Dort wird deutsche Technik häufig als vertrauenswürdig wahrgenommen, oft mehr als die heimischen Marken.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für die europäische Drohnenindustrie?
Europa verliert leider an Boden. Die Regulierung ist komplex und nicht praxisnah – besonders für spezialisierte Anbieter. In den USA wurde vieles vereinfacht, während Europa sich durch Kompromisspolitik ausbremst. Das behindert Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
Wie sehen Ihre Pläne für die kommenden Jahre aus?
Wir bleiben fokussiert auf Europa, den Mittleren Osten und die USA. Der Energiesektor bleibt unser Hauptfeld. In der Logistik sehen wir große Zukunftschancen, insbesondere für die sogenannte Mittelmeile (ca. 250 km Distanz). Hier wollen wir weiter wachsen.
Wie bewerten Sie die Rolle von Verteidigung und die Entwicklung der XPONENTIAL Europe in diesem Kontext?
Das Thema Verteidigung ist aktuell stark im Fokus und bringt zweifellos viel Innovationskraft mit sich. Auch wenn wir uns nicht davon abhängig machen wollen, sehen wir die Relevanz und haben unser Produktportfolio entsprechend erweitert, um für diesen Bereich gut aufgestellt zu sein. Wenn die XPONENTIAL Europe diesen Fokus stärkt, zieht das automatisch ein entsprechendes Fachpublikum an. Für uns ist das eine willkommene Entwicklung, da wir dort passende Produkte präsentieren können. Wichtig ist dabei, dass Industriekunden aktiv angesprochen werden. Die Messe Düsseldorf hat dies erkannt und setzt auf gezieltes Marketing. Wenn Entscheider vor Ort sind, hat die Veranstaltung das Potenzial, ein voller Erfolg zu werden.
Welche Botschaft möchten Sie der Branche mitgeben?
Der Drohnensektor ist eine der spannendsten Branchen unserer Zeit. Das Potenzial ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Unternehmen sollten sich mit dem Thema strategisch befassen – eine Drohne ist oft kostengünstig, aber bringt hohen Mehrwert. Neue Anwendungen entstehen monatlich. Eine eigene Drohnenstrategie lohnt sich.