Unter Nahversorgung versteht man qua Definition die Möglichkeit, Dinge des kurz- und mittelfristigen Bedarfs in Wohnortnähe erledigen zu können. Doch was in urbanen Gebieten in der Regel selbstverständlich ist, das ist im ländlichen Raum oft mit weiten Wegen verbunden. Und kann daher gerade für ältere Menschen ein Problem darstellen. Mit dem Drohnen-Lieferservice „Marktschwalbe“ soll im brandenburgischen Wusterhausen/Dosse an dieser Stelle Abhilfe geschaffen werden.
Auf den ersten Blick wirkt die Gemeinde klein und überschaubar. Doch bei genauerer Betrachtung erstreckt sich Wusterhausen/Dosse über drei Postleitzahlen und fast 200 Quadratkilometer Fläche, auf denen sich in 22 Ortsteilen gerade einmal knapp 6.000 Einwohnerinnen und Einwohner verteilen. Wer da beim Einkauf etwas vergessen hat oder spontan Lust auf frisches Brot bekommt, muss sich entweder in Verzicht üben oder zum Teil längere Wege in Kauf nehmen. Doch für 340 Anwohnerinnen und Anwohner in den Ortsteilen Barsikow, Trieplatz und Blankenberg ist seit Anfang Juni eine zusätzliche Option hinzugekommen: der Drohnen-Lieferservice „Marktschwalbe“.
Spezifischer Bedarf
Dabei geht es nicht darum, sich den kompletten Wocheneinkauf für eine vierköpfige Familie zukommen zu lassen. „Ich brauche etwas Bestimmtes oder ich habe etwas vergessen“, beschreibt Dr. Robin Kellermann die Situationen, in denen der Bringdienst Abhilfe schaffen soll. Zunächst einmal im „Experimentalbetireb“, wie Kellermann es formuliert. Denn das aufgrund des dünn besiedelten Einsatzgebiets unter den Bedingungen der vergleichsweise niedrigen Risikostufe SAIL II (Specific Assurance and Integrity Level) vom Luftfahrt-Bundesamt in der Specific Category genehmigte BVLOS-Betriebsszenario wird zunächst einmal dienstags und freitags – den beiden Wochenmarkt-Tagen in Wusterhausen/Dosse – erprobt. Zusammen mit Tobias Biehle hat der Mobilitätsforscher von der Projekt- und Beratungsagentur Luftlabor die Idee für den Lieferdienst entwickelt, der seinerseits Kernstück des Modellprojekts Stadt-Land-Drohne ist. Mit dem zweijährigen, vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Modellvorhaben soll erprobt werden, inwiefern Transportdrohnen dazu geeignet sind, die Nahversorgung im ländlichen Raum zu verbessern.
Über den Marktschwalbe-Shop können registrierte Nutzerinnen und Nutzer aus den drei abgelegenen Ortsteilen Barsikow, Trieplatz und Blankenberg bei derzeit sechs angeschlossenen lokalen Unternehmen Bestellungen aufgeben und direkt online bezahlen. Die Waren werden anschließend von einem Mitarbeiter abgeholt und zum etwa 700 Meter vom Marktplatz entfernten „Droneport Wusterhausen“ gebracht. Dort wartet ein Hexakopter des portugiesischen Herstellers Beyond Vision darauf, diese an den bis zu 12 Kilometer entfernten Bestimmungsort zu bringen. Der Flugbetrieb wird dabei aus der Firmenzentrale des Technologiepartners Dronegy im nordrhein-westfälischen Siegen koordiniert und überwacht. Stehen die bestellten Waren am nächstgelegenen Droneport bereit, können Kundinnen und Kunden diese selbständig aus der Transportbox entnehmen. Aber natürlich erst, wenn die Drohne sicher gelandet ist und die Rotoren abgestellt sind. Vorher ist der Zugang zu den umzäunten Landeplätzen nicht möglich.
> Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Drones, dem Magazin für die Drone-Economy. www.drones-magazin.de